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Wenn im Eishockey-Jahrbuch des Jahrgangs 1987 davon die Rede war, die Eishockeyspieler der Frankfurter Eintracht seien gerade im Begriff, aus dem Schatten der fußballspielenden Vereinskameraden zu treten, so haben sich in den vergangenen Monaten die Vorzeichen noch verstärkt: Wenn es heute in dem Frankfurter Großverein eine Mannschaft gibt, die als Aushängeschild für die neunzig Jahre währende Tradition taugt und mit der sich der Eintracht-Anhänger auf der Straße noch zu identifizieren wagt, dann ist es das Eishockey-Team. Diese Wandlung wurde besonders deutlich bei der letztjährigen turbulenten Jahreshauptversammlung. Hätte der neue Vereinspräsident Matthias Ohms nicht ein deutliches Bekenntnis für den Fortbestand der Eishockey-Mannschaft in der ersten Bundesliga abgelegt, er wäre wohl nicht in dieses Amt gewählt worden.
Natürlich hat die Eissportabteilung diesen Popularitätsschub auch der katastrophalen Mißwirtschaft der Sparte Fußball zu verdanken. Aber sie mußte auch selbst einiges tun. um ihre Position in dem 5000-Mitglieder-Verein mit seinen verschiedenen Interessen zu festigen. Das mindeste hierfür war das endgültige Etablieren in der höchsten deutschen Klasse, in der die Frankfurter Mannschaft nach dreijähriger Zugehörigkeit nicht mehr über die Schulter angesehen wird.
Und trotzdem gab es in den Wochen der Nachsaison 1989 Zweifel am Fortbestand dieser Mannschaft. Der plötzliche Tod von Günther Herold am 9.Mai rief zwangsläufig die Frage auf den Plan. ob es ohne diesen Mann überhaupt weitergehen könne. Zu stark hatte Frankfurts „Mister Eishockey", der bezeichnenderweise inmitten der Saisonvorbereitungen an seinem Schreibtisch starb, die Geschicke der Abteilung ein Vierteljahrhundert lang durch sein persönliches Engagement bestimmt. Wie groß seine Verdienste dabei geworden sind, läßt sich allein schon an dem Antrag des Eintracht-Präsidiums an die Frankfurter Stadtverordneten-Versammlung ablesen, die Halle am Bornheimer Hang möge künftig den Namen von Günther Herold tragen; den Namen des Mannes also, ohne den es eine Profimannschaft in der Main-Metropole nicht gäbe und selbstredend auch nicht diese Halle.
Die Frage der Nachfolge war schneller und - entsprechend der ersten Erfolge beim Aufbau einer neuen Mannschaft - auch zufriedenstellender gelöst als erwartet. Walter Langela, rund zehn Jahre lang als Herolds Stellvertreter, als Pressesprecher und zuletzt als Abteilungsleiter dessen engster Mitarbeiter, trat an die Stelle des hauptamtlichen Managers, freilich nicht, ohne gleich eine Einschränkung anzufügen: „Ein Mann wie Günther Herold ist nicht auf Anhieb vollwertig zu ersetzen, aber wir werden uns alle Mühe geben, die Arbeit in seinem Sinne fortzuführen." Wir - das sind außer Langela noch Vereinsgeschäftsführer Peter Röder, der sich zusammen mit Geschäftsstellen-Mitarbeiter Baier um die administrativen Dinge kümmert, und Trainer Ladislav Olejnik, der für die sportlichen Belange zuständig ist. Langela vertritt die Interessen seiner Abteilung gegenüber dem Verein, den städtischen Gremien und den Verbänden.
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Wenn der Verlust von Günther Herold für sich allein schon ein Problem von nicht abzusehendem Ausmaß darstellte. so hat er zusätzlich einen besonders tragischen Aspekt. Immer schon hatte es sich der Abteilungsleiter und spätere Manager gewünscht, einmal eine der landauf, landab anerkannten, umworbenen Trainerpersönlichkeiten nach Frankfurt zu holen. Ganz oben auf seiner Wunschliste stand dabei der Name von Ladislav Olejnik. Eine der letzten Erfolgsmeldungen, die Herold im Frühjahr verbreiten durfte, war schließlich die Verpflichtung dieses Trainers. Schade nur, daß diese beiden sich über Jahre auch persönlich sehr schätzenden Eishockey-Persönlichkeiten nun ihre Ideen nicht gemeinsam in die Tat umsetzen können.
Immerhin ist Langela vollauf zufrieden mit der Trainerwahl, die nach den ersten gemeinsamen Erfahrungen nicht besser hätte ausfallen können: „Ladislav Olejnik ist ein sehr engagierter Trainer, der sich auch um Dinge kümmert, für die manche seiner Kollegen die Zeit nicht aufbringen." Hinter dieser Aussage versteckt ist der Wunsch, der neue Coach möge auch einen Teil der Managertätigkeit ausüben, was Langela, im Beruf vielbeschäftigter Direktor eines Schuhhandelsunternehmens, sicher gerne sähe.
Wenn sich an der Tätigkeit des Managergespanns Langela/Olejnik eine erste Tendenz ablesen läßt, dann sicher die, daß bei der Frankfurter Eintracht in Zukunft mehr auf die Jugend gesetzt wird. Kein anderer Verein hat das nötiger als die Hessen, bei denen in der vergangenen Saison nicht weniger als elf Spieler unter Vertrag standen, die die 30 bereits überschritten hatten. Besonders deutlich wird die Zäsur bei der Besetzung der Ausländerstellen. Zwar ist der vielfache tschechoslowakische Nationalspieler Jiri Lala mit seinen 29 Lenzen alles andere als ein Greenhorn und der hierzulande weitgehend noch unbekannte Kanadier Mark Jooris (25) auch nicht mehr im Juniorenalter, doch im Vergleich zu ihren Vorgängern Jerzy Potz (36) und Charlie Simmer (35) haben die beiden zusammen noch eine siebzehnjährige Karriere vor sich. Ein wirklicher Schnitt wurde in der Verteidigung gezogen, wo die Routiniers Forster, Mokros und Mucha nun die Talente Sinner (20), Stumpf (23) und Strompf (20) zur Seite haben.
Betrachtet man diese Umstrukturierung innerhalb der Profimannschaft im Zusammenhang mit der Intensivierung der Nachwuchsarbeit, für die seit knapp einem Jahr Marian Hurtik als hauptamtlicher Trainer verantwortlich ist, so scheint es den Frankfurtern doch ernst zu sein mit der Absicht, langfristig aus eigenem „Bestand" eine Mannschaft aufzubauen. Olejnik hätte in dieser Hinsicht gern noch mehr getan, sah sich aber bald vor unüberwindlichen finanziellen Hürden: „Den Luxus, für einen jungen Spieler, dessen Entwicklung ungewiß ist, 100.000 Mark oder mehr zu zahlen, kann sich die Frankfurter Eintracht nicht leisten." Ansonsten allerdings hört sich der neue Trainer recht zuversichtlich an: „Es hat in den vergangenen Jahren mit dem EV Landshut, dem ESV Kaufbeuren und dem ERC Schwenningen immer eine Überraschungsmannschaft gegeben. Vielleicht ist in dieser Saison ja die Eintracht an der Reihe."
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Olejniks Zurückhaltung in Sachen hohe Investitionen in unfertige Spieler heißt allerdings nicht, daß die Eintracht in Zukunft auf finanziell kleineren Füßen leben wird. Der Etat soll wiederum bei rund fünf Millionen Mark liegen, die allerdings kaum durch die zu erwartenden Einnahmen zu decken sein werden. „Ein ausgeglichenes Ergebnis wird es wohl auch am Ende dieser Saison nicht geben", hat Vereinspräsident Matthias Ohms schon mal durchgerechnet. Andererseits ist diesmal nicht daran gedacht, den Spielern an den Lohnstreifen zu gehen. Diese mußten in der vergangenen Saison lange Zeit auf einen Teil ihrer Einkünfte verzichten, ehe dann durch den erfolgreichen Monat Januar und die Teilnahme an der Play-Off-Runde mit einem zweiten Spiel gegen Rosenheim doch noch genügend Geld in die Abteilungskasse kam, um die Ansprüche der Profis vollauf zu befriedigen.
Wiederholen wird sich vermutlich ebenso wenig die „Spielerrevolution" gegen den Trainer. Die Episode mit Vladimir Dzurilla, dem schon bald einige Spieler als „Berater" zur Verfügung standen, steht nun auch in Frankfurt für die Erkenntnis, daß aus einem international anerkannten Spieler nicht zwangsläufig ein ebensolcher Trainer werden muß.
Gerhard Simon
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